b)) Will der Verkäufer eines auf der Internetplattform eBay angebotenen Artikels das Gebot eines Bieters aufgrund eines in dessen Person liegenden Grundes vor Ablauf der Auktionsfrist folgenlos streichen, kommen hierfür nur solche Gründe in Betracht, die den Verkäufer nach dem Gesetz berechtigen würden, sich von seinem Verkaufsangebot zu lösen oder Gründe, die von vergleichbarem Gewicht sind.

Ein zur Gebotsstreichung berechtigender Grund in der Person des Bieters muss für den Entschluss des Verkäufers, dieses Angebot vor Ende der Auktion zu streichen, kausal geworden sein.
Nach den Auktionsbedingungen von eBay kommt ein Kaufvertrag bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots – insoweit übereinstimmend mit den §§ 145 ff. BGB – durch Annahme des Verkaufsangebots durch den Höchstbietenden zustande, es sei denn der Anbieter war “gesetzlich dazu berechtigt”, das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.
Gemäß § 9 Nr. 11 der eBay-Bedingungen dürfen Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind. In Konkretisierung dieser grundsätzlichen Aussage wird in den Hilfeseiten der eBay-Bedingungen beispielhaft ausgeführt, dass eine Gebotsstreichung dann möglich ist, wenn der Bieter darum bittet oder der Anbieter die Identität des Bieters trotz aller Bemühungen nicht ermitteln kann. Ein auf der Grundlage der eBay-Bedingungen abgegebenes Angebot ist daher dahin auszulegen, dass es auch unter dem Vorbehalt steht, es gegenüber einzelnen Bietern zurückzunehmen, wenn hierzu ein berechtigter Grund nach den Bedingungen besteht.
Als ein solcher berechtigter Grund, der den in den eBay-Bedingungen ausdrücklich genannten Beispielen vergleichbar ist, kommen jedoch aufgrund des grundsätzlichen Verweises in § 9 Nr. 11 der eBay-Bedingungen auf die gesetzliche Berechtigung zur Angebotsstreichung nur derartige Umstände in der Person des Bieters in Betracht, die Umständen vergleichbar sind, die zur Anfechtung des Angebots (§§ 119 ff. BGB) oder zum Rücktritt vom Vertrag (§ 323 Abs. 4 BGB) führen würden. Derartige, einem gesetzlichen Lösungsrecht gleichstehende Umstände hat das Berufungsgericht indes nicht festgestellt.
In die Würdigung, ob es sich um einen “unseriösen” Bieter handelt, dessen Gebot der Verkäufer habe folgenlos streichen dürfen, ist der für die Beurteilung wesentliche Aspekt einzubeziehen, dass der Verkäufer bei einer eBay-Auktion nicht vorleistungspflichtig ist, sondern der Kauf regelmäßig gegen Vorkasse oder Zugum-Zug abgewickelt wird.
Der Verkäufer muss den (objektiven) Grund der Streichung des Angebots des Bieters im Zeitpunkt der Streichung oder Auktionsbeendigung auch positiv gekannt haben. Ein Nachschieben eines solchen Grundes ist nicht möglich. Das Zulassung eines “Nachschiebens” führte nur dazu, dass jedes bei einer Internetauktion eingestellte Verkaufsangebot unter dem allgemeinen Vorbehalt eines möglicherweise bestehenden und in (ungewisser) Zukunft zu benennenden objektiven Lösungsgrundes stünde. Damit würde jede Internetauktion mit Unsicherheiten behaftet, die deren reibungsloses Funktionieren in nicht hinnehmbarer Weise in Frage stellen würde.
Auch die Nutzungsbedingungen beziehungswiese Hilfeseiten von eBay gehen ersichtlich davon aus, dass dem Verkäufer der Grund für den Abbruch der Auktion und der Streichung der Gebote im Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung der Auktion bekannt sein muss. Denn in den Hinweisen hierzu heißt es: “Es kann jedoch vorkommen, dass Sie ein Angebot frühzeitig beenden müssen, wenn Sie feststellen, dass Sie sich beim Einstellen des Artikels geirrt haben oder der zu verkaufende Artikel während der Angebotsdauer ohne ihr Verschulden verlorengeht. […] In den folgenden Fällen dürfen Sie ihr Angebot jedoch vorzeitig beenden: […] Der Artikel ist ohne Ihr Verschulden verloren gegangen, beschädigt oder anderweitig nicht mehr zum Verkauf verfügbar. […] Sie sollten Gebote nur aus gutem Grund streichen.” Als Beispiele einer “legitimen Streichung” werden sodann beispielhaft die Bitte des Bieters um Stornierung benannt sowie die fehlende Identifizierbarkeit des Bieters und die Unmöglichkeit der Lieferung des Kaufgegenstands. Es mag daher – was hier keiner Entscheidung bedarf – zulässig sein, dass ein für die vorzeitige Auktionsbeendigung zureichender Grund erst nachträglich von dem Verkäufer benannt wird; unverzichtbar ist jedoch, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag und für die Streichung des Bietergebots kausal geworden ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. September 2015 – VIII ZR 284/14








