Vermietung von virtuellem Land in einem Online-Spiel – und die Umsatzsteuer

Im Gegensatz zur spielinternen „Vermietung“ von virtuellem Land bei einem Online-Spiel begründet der Umtausch einer Spielwährung als vertragliches Recht in ein gesetzliches Zahlungsmittel (im Streitfall über eine von der Spielbetreiberin verwaltete Börse) eine steuerbare Leistung.

Vermietung von virtuellem Land in einem Online-Spiel – und die Umsatzsteuer

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Rechtsstreit wendet sich ein Online-Spieler gegen die Umsatzbesteuerung der von ihm getätigten „Vermietungen“ von virtuellem Land im Rahmen des Programms A in den Jahren 2013 bis 2016 (Streitjahre). Bei dem Programm A handelt es sich um eine Online-3D-Weltsimulation, die von der B (Spielbetreiberin) mit Sitz in den USA auf dort befindlichen Servern betrieben wird. Die Nutzer können das in A computergenerierte virtuelle Abbild der realen Welt mit ihren Spielfiguren, den sog. „Avataren“, erkunden und durchlaufen, darin Inhalte erstellen sowie mit den Avataren anderer Nutzer sozial interagieren. Insbesondere können die Nutzer Details der virtuellen Umgebung (Gebäude, Kunstwerke, Kleidung, Autos etc.) selbst erstellen und innerhalb der virtuellen Welt gegen Zahlung virtueller C-Dollar an andere Nutzer „verkaufen“ oder „vermieten“.

Das virtuelle Land in A entspricht einer 3D-animierten Website, die von dem jeweiligen Nutzer nach eigenen Wünschen gestaltet werden kann. Der jeweilige Nutzer kann auf dem virtuellen Land eine virtuelle Welt aus Landschaften, Bauten und Gegenständen erschaffen.

Bei den C-Dollar handelt es sich nach den Nutzungsbedingungen der Spielbetreiberin um ein beschränktes Lizenzrecht in Form eines virtuellen Tokens, das dem Nutzer bestimmte Inhalte, Anwendungen, Dienste und nutzerentwickelte Funktionen des Programms A zugänglich macht. Die C-Dollar können innerhalb von A insbesondere im Austausch gegen die Nutzung von Inhalten, Anwendungen und anderen Funktionen auf andere Nutzer übertragen werden.

Die C-Dollar können zudem über eine von der Spielbetreiberin verwaltete Börse gegen US-Dollar auf andere Nutzer übertragen werden. Nach den Nutzungsbedingungen kann ein Nutzer mit einer Verkaufsorder bei der Spielbetreiberin beantragen, C-Dollar an der Börse zu dem geforderten Preis zum Verkauf zu listen. Mit einer Kauforder beantragt ein Nutzer bei der Spielbetreiberin, sein Gesuch mit einer offenen Verkaufsorder zu dem nachgefragten Preis zusammenzuführen und den Vollzug des Verkaufs der C-Dollar zu ermöglichen. Dabei behält sich die Spielbetreiberin das Recht vor, jede Verkaufs- oder Kauforder unabhängig von einem Grund abzulehnen. Bei Abschluss eines Verkaufs von C-Dollar über die von der Spielbetreiberin verwaltete Börse wird der jeweilige Geldbetrag dem Guthabenkonto gutgeschrieben, das der die C-Dollar übertragende Nutzer bei der Spielbetreiberin führt. Ein Guthaben auf diesem Konto kann mit Gebührenforderungen der Spielbetreiberin verrechnet oder auf das PayPal-Konto des jeweiligen Nutzers überwiesen werden.

Im Rahmen des von ihm angemeldeten Gewerbes für einen Internethandel mit Waren aller Art erwarb der Online-Spieler in den Streitjahren virtuelles Land in dem Programm A, parzellierte dieses und „vermietete“ es an andere Nutzer von A gegen Zahlung von C-Dollar. Angesammelte C-Dollar veräußerte der Online-Spieler sodann über die Börse der Spielbetreiberin gegen Zahlung von US-Dollar, die er zur Begleichung von Gebühren an die Spielbetreiberin verwendete und sich im Übrigen auszahlen ließ.

In seiner Umsatzsteuerjahreserklärung 2013, die einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 168 Satz 1 AO gleichstand und gemäß Eingangsvermerk am 07.07.2015 bei dem damals für die Besteuerung des Online-Spielers zuständigen Finanzamt D einging, behandelte der Online-Spieler den Jahresnettoumsatz als umsatzsteuerbar und -pflichtig. Mit Abrechnung zur Umsatzsteuer für 2013 sowie dem Bescheid über Zinsen vom 20.07.2015 rechnete das Finanzamt D die Umsatzsteuer ab und setzte Zinsen hierzu fest. Da der Online-Spieler für 2014 keine Umsatzsteuererklärung abgab, erließ das Finanzamt für dieses Jahr einen Schätzungsbescheid und setzte die Umsatzsteuer (zzgl. Zinsen) fest Mit Umsatzsteuerjahresbescheiden setzte das Finanzamt desweiteren die Umsatzsteuer für 2015 (zzgl. Zinsen) und für 2016 fest. Auf die Einsprüche des Online-Spielers setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für die Streitjahre neu fest; dabei ging das Finanzamt davon aus, dass jeweils 70 % der Umsätze im Inland ausgeführt worden seien.

Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht Köln ab[1]. Auf die Revision des Online-Spielers hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts auf und setzte die Umsatzsteuer für die Streitjahre jeweils auf 0 € fest:

Das Urteil des Finanzgericht verstößt gegen § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG. Hinsichtlich der Umsatzsteuer für 2013 ist der Einspruch des Online-Spielers jedoch verfristet und die Revision des Online-Spielers daher insoweit im Ergebnis unbegründet.

Das Finanzgericht hat die „Vermietungen“ von virtuellem Land durch den Online-Spieler unter Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG als entgeltliche Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts angesehen. Zwar hat das Finanzgericht im Zusammenhang mit der Nutzung des Programms A durch den Online-Spieler zutreffend einen Leistungsaustausch angenommen. Es hat dabei jedoch den Gegenstand des Leistungsaustauschs und die daran beteiligten Parteien unzutreffend bestimmt. Nicht die spielinterne „Vermietung“ von virtuellem Land bei einem Online-Spiel, sondern der Umtausch der Spielwährung als vertragliches Recht in ein gesetzliches Zahlungsmittel (im Streitfall über eine von der Spielbetreiberin verwaltete Börse) begründet eine steuerbare Leistung.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer u.a. die sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Dies beruht auf Art. 2 Abs. 1 Buchst. d MwStSystRL.

Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen Leistung setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert voraus. Der Leistungsempfänger muss identifizierbar sein; er muss einen Vorteil erhalten, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt[2]. Hierzu ist erforderlich, dass einem identifizierbaren Verbraucher ein Vorteil verschafft wird, der einen Kostenfaktor in der Tätigkeit eines anderen Beteiligten am Wirtschaftsleben bilden könnte[3].

Danach begründen die bei der bloßen Teilnahme an einem Spiel im Rahmen des Spielgeschehens getätigten „Umsätze“ regelmäßig keine Leistung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG[4]. Insoweit fehlt es an der Verschaffung eines Vorteils, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.

Spielinterne „Umsätze“ zwischen Personen, die sich auf die bloße Teilnahme an dem Spiel und damit darauf beschränken, in der Interaktion mit anderen Spielteilnehmern das Spielerlebnis zu gestalten, stellen sich in der Regel nicht als Beteiligung am -realen- Wirtschaftsleben dar. Eine wesentliche Eigenschaft des Spielens ist es gerade, in Abgrenzung zur realen Welt eine Subwelt mit eigenen Regeln, Rollen und Zielen zu schaffen. Reine Spielvorteile, die ein Spieler im Rahmen des Spielgeschehens einem anderen Spieler nach den insoweit geltenden Regeln verschafft, können daher regelmäßig keinen Kostenfaktor für dessen wirtschaftliche Tätigkeit bilden. Sie begründen dann keinen Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts, sondern stellen lediglich nicht wirtschaftliche Vorteile der Spielwelt dar.

Aus der Rechtsprechung von BFH und EuGH zur Frage der Umsatzsteuerbarkeit von Antrittsgeldern einerseits sowie von Preisgeldern und Spielgewinnen andererseits[5] folgt -unabhängig von der weiteren Frage nach der Gewissheit des Spielgewinns- nichts anderes. Denn diese Rechtsprechung betrifft eine mögliche Leistungsbeziehung des Teilnehmers mit dem Spielveranstalter, nicht aber das hier zu beurteilende Verhältnis zweier Spieler untereinander[6].

Entgegen der Auffassung des Finanzamtes ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung mit der Spielbetreiberin nicht ein anderes geboten. Denn während der Online-Spieler Nutzer des Programms A war und lediglich als Spielteilnehmer virtuelles Land „vermietete“, tätigt die Spielbetreiberin keine rein spielinternen Umsätze. Vielmehr bietet sie den Nutzern im realen Wirtschaftsleben eine Spielmöglichkeit und entspricht damit dem Veranstalter eines Spiels[7]. Im Übrigen müsste eine Gleichbehandlung des Online-Spielers mit der Spielbetreiberin zur Folge haben, dass der Online-Spieler grundsätzlich berechtigt wäre, die Vorsteuer aus rein spielinternen „Eingangsleistungen“, wie etwa der virtuellen „Bebauung“ des virtuellen Landes durch andere Nutzer, abzuziehen. Davon geht nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung wohl auch das Finanzamt nicht aus.

Dementsprechend ist, ohne dass der Bundesfinanzhof nach den Umständen des Streitfalls abschließend darüber zu entscheiden hätte, davon auszugehen, dass die „Mieter“ des Online-Spielers mit dem Zugang zum Spiel und etwaigen spielvorbereitenden Maßnahmen, wie etwa der Verschaffung virtueller Gegenstände zur Nutzung im Spiel oder der Übertragung von C-Dollar, Leistungen der Spielbetreiberin empfangen haben, die bei einem inländischen Ort der Leistung umsatzsteuerbar und -pflichtig sein können.

Das Finanzgericht ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die „Vermietung“ von virtuellem Land durch den Online-Spieler war auf ein Tätigwerden im Rahmen des Spielgeschehens des Programms A beschränkt. Dies gilt ungeachtet der Darstellung des Angebots auf der Homepage des Online-Spielers, weil der Online-Spieler nach den für den Bundesfinanzhof bindenden Feststellungen des Finanzgericht (§ 118 Abs. 2 FGO) die „Vermietungstätigkeit“ als solche lediglich im Rahmen des Programms A ausgeübt hat. Als rein spielinterner „Umsatz“ verschaffte die „Vermietung“ dem jeweiligen Mitspieler keinen Vorteil, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuerrechts führt.

Soweit das Finanzamt dem unter Hinweis auf die Möglichkeit der „Weitervermietung“ durch den jeweiligen Mitspieler entgegen tritt, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der gemäß § 118 Abs. 2 FGO im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen ist[8]. Im Übrigen wäre auch eine im Rahmen des Spielgeschehens erfolgende „Weitervermietung“ des virtuellen Landes durch andere Nutzer Teil der spielinternen Interaktion, mit der die Spielteilnehmer gemeinsam das Spielerlebnis gestalten und die sich daher in der Regel nicht als Beteiligung am -realen- Wirtschaftsleben darstellt.

Nichts anderes folgt daraus, dass bei Leistungen, zu deren Ausführung sich die Vertragsparteien in gegenseitigen Verträgen verpflichtet haben, der erforderliche Leistungsverbrauch grundsätzlich vorliegt[9].

Den virtuellen „Vermietungen“ durch den Online-Spieler lag hier gerade kein Marktgeschehen zugrunde, das eine rechtlich bindende Verpflichtung zur Überlassung der virtuellen Grundstücke gegen Zahlung eines Entgelts begründet hätte. Vielmehr wurden die virtuellen „Vermietungen“ allein zum Erreichen des Spielzwecks eingegangen und beruhten deshalb nicht auf einer von dem wechselseitigen Willen zur auch rechtlichen Bindung getragenen Einigung.

An die gegenteilige Würdigung des Finanzgericht ist der Bundesfinanzhof nicht gebunden, weil das Finanzgericht die für die Auslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten, nicht hinreichend berücksichtigt hat[10].

So hat das Finanzgericht unberücksichtigt gelassen, dass Gegenstand des Programms A gerade die virtuelle Simulation des realen Lebens war. Aus der Adaption rechtlicher Begriffe und Handlungsweisen -etwa in Form des auf der Homepage des Online-Spielers dargestellten „Vertrags“- kann daher nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass damit eine über das Spielerlebnis hinausgehende Bedeutung oder gar ein -real- rechtserhebliches Handeln verbunden sein sollte. Bei der Auslegung von Willenserklärungen ist der wirkliche Wille der Beteiligten zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB), sodass nicht allein aufgrund des im Rahmen eines Spielgeschehens verwendeten „Vertragsdokuments“ auf eine rechtlich bindende Verpflichtung geschlossen werden kann.

Soweit die Steuerbarkeit spielinterner Umsätze nach Auffassung des Finanzamtes allein danach zu bestimmen sein soll, ob der jeweilige Spieler Unternehmer ist, berücksichtigt es nicht hinreichend, dass Unternehmer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG nur mit ihren steuerbaren Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen. An einer solchen steuerbaren Leistung fehlt es jedoch nach dem Gesagten bei der „Vermietung“ des virtuellen Landes durch den Online-Spieler.

Das Urteil des Finanzgericht stellt sich auch unter Berücksichtigung der Veräußerung der C-Dollar durch den Online-Spieler über die Börse der Spielbetreiberin nicht als zutreffend da, weil der Online-Spieler insoweit ebenfalls keine sonstige Leistung im Inland ausgeführt hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Zwar hat der Online-Spieler mit der entgeltlichen Übertragung der C-Dollar eine sonstige Leistung erbracht. Deren Empfänger war jedoch die Spielbetreiberin als Kommissionärin, sodass der Ort der Leistung in den USA und damit nicht im Inland liegt.

Mit der entgeltlichen Übertragung von C-Dollar über die von der Spielbetreiberin angebotene Börse hat der Online-Spieler sonstige Leistungen ausgeführt.

Die entgeltliche Übertragung der C-Dollar, eines vertraglichen Rechts, erfolgte im Wege der Abtretung. Bei einer solchen Rechtsübertragung gegen Entgelt handelt es sich um eine sonstige Leistung i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG (vgl. Art. 59 Buchst. a MwStSystRL)[11].

Anders als die spielinterne „Vermietung“ von virtuellem Land erfolgte die Übertragung der C-Dollar an einem realen Markt. Die Übertragung der C-Dollar über die von der Spielbetreiberin betriebene Börse war nicht auf die reine Teilnahme an einem Spielgeschehen beschränkt. Vielmehr verschaffte der Online-Spieler dem jeweiligen Empfänger mit den C-Dollar ein virtuelles Spielobjekt zur späteren Nutzung im Spiel und damit einen verbrauchsfähigen Vorteil. Der Online-Spieler übernahm mit der Übertragung der C-Dollar einen Aspekt der Spielvorbereitung, wie dies üblicherweise auch der Veranstalter eines Spiels tun würde, der die erforderlichen Spielutensilien zur Verfügung stellt[12].

Als Empfängerin dieser sonstigen Leistungen gilt die Spielbetreiberin, weil sie als Kommissionärin in die Übertragung der C-Dollar durch den Online-Spieler eingeschaltet war.

Wird ein Unternehmer in die Erbringung einer sonstigen Leistung eingeschaltet und handelt er dabei im eigenen Namen, jedoch für fremde Rechnung, gilt diese Leistung nach § 3 Abs. 11 UStG als an ihn und von ihm erbracht. Dies beruht auf Art. 28 MwStSystRL, wonach Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, behandelt werden, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.

Dies begründet die juristische Fiktion zweier gleichartiger Dienstleistungen, die nacheinander erbracht werden. Gemäß dieser Fiktion wird der Wirtschaftsteilnehmer, der bei der Erbringung von Dienstleistungen hinzutritt und Kommissionär ist, so behandelt, als ob er zunächst die fraglichen Dienstleistungen von dem Wirtschaftsteilnehmer, für dessen Rechnung er tätig wird und der Kommittent ist, erhalten hätte und anschließend diese Dienstleistungen dem Kunden selbst erbrächte[13].

Für die Anwendung dieser Regelung müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss es einen Auftrag geben, zu dessen Ausführung der Kommissionär für Rechnung des Kommittenten hinsichtlich der Erbringung von Dienstleistungen tätig wird. Zum anderen muss zwischen den Dienstleistungen, die der Kommissionär erbringt, auf der einen sowie den Dienstleistungen, die der Kommittent tätigt, auf der anderen Seite „Gleichartigkeit“ bestehen[14].

Diese beiden Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Spielbetreiberin war nach ihren Nutzungsbedingungen aufgrund der Verkaufsorder des Online-Spielers in die Übertragung der C-Dollar eingeschaltet; sie handelte dabei im eigenen Namen, aber für Rechnung des Online-Spielers.

Für die Frage, ob jemand im eigenen Namen handelt, kommt es maßgeblich darauf an, wie der Unternehmer nach außen auftritt[15]. Insoweit verdeutlichen die Nutzungsbedingungen der Spielbetreiberin, dass sie nach außen nicht als Vertreterin des jeweiligen Nutzers -hier des Online-Spielers- auftrat, sondern im eigenen Namen handelte. So behielt die Spielbetreiberin sich einseitig vor, Order der Nutzer nicht auszuführen. Zudem war den an der Transaktion beteiligten Nutzern -wie an einer Börse üblich- der jeweilige Gegenpart unbekannt. Dementsprechend erfolgte die Abrechnung einer ausgeführten Order unmittelbar im Verhältnis zwischen dem jeweiligen Nutzer und der Spielbetreiberin über das bei ihr geführte Guthabenkonto.

Die Spielbetreiberin handelte bei der Übertragung der C-Dollar für Rechnung des Online-Spielers. Das insoweit maßgebliche Innenverhältnis zwischen dem Online-Spieler als Auftraggeber und der Spielbetreiberin als Zwischenperson[16] war durch die Nutzungsbedingungen der Spielbetreiberin geprägt. Danach führte die Spielbetreiberin preisidentische Verkaufs- und Kauforder der Nutzer zusammen, wobei der Verkauf von C-Dollar gegen Entgelt dem jeweils verkaufenden Nutzer -hier dem Online-Spieler- zugutekommen sollte, sodass die Spielbetreiberin in fremdem Interesse tätig war.

Die Spielbetreiberin handelte damit bei der Übertragung von C-Dollar über die von ihr betriebene Börse ähnlich einem Finanzdienstleister, der für seine Kunden Wertpapiere veräußert[17]. Im Übrigen gilt die Spielbetreiberin für die Streitjahre 2015 und 2016 auch nach § 3 Abs. 11a UStG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25.07.2014[18] im Hinblick auf die Übertragung der C-Dollar über die von ihr betriebene Online-Börse als im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelnd.

Die von der Spielbetreiberin als Kommissionärin -fiktiv- erbrachten Dienstleistungen sowie die Dienstleistungen, die der Online-Spieler als Kommittent getätigt hat, sind auch gleichartig[19]. Beide Fälle betreffen mit der Veräußerung der C-Dollar die Übertragung von Lizenzrechten.

Der Online-Spieler hat die gegenüber der Spielbetreiberin -fiktiv- erbrachte sonstige Leistung nicht im Inland ausgeführt.

Die Leistungen der im Fall der Leistungskommission fingierten Leistungskette, d.h. die an den Auftragnehmer erbrachte und die von ihm ausgeführte Leistung, werden bezüglich ihres Leistungsinhalts gleich behandelt. Die besorgte Leistung und die Besorgungsleistung teilen deshalb umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich das gleiche Schicksal[20].

Etwas anderes gilt jedoch, soweit das umsatzsteuerrechtliche Schicksal bei der Bestimmung des Leistungsortes nicht vom Leistungsinhalt, sondern von personenbezogenen Merkmalen des Leistenden oder des Leistungsempfängers abhängt[21]. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH bezieht sich die Fiktion nur auf die Leistungen selbst und deren Inhalt[22]; sie betrifft dagegen nicht die personenbezogenen Merkmale von Leistendem und Leistungsempfänger der in der fiktiven Leistungskette getätigten Leistungen.

Der Ort der -fiktiv- von dem Online-Spieler gegenüber der Spielbetreiberin als Unternehmer erbrachten Leistung richtet sich damit nach dem Ort, an dem die Spielbetreiberin ihr Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 Satz 1 UStG). Dieser liegt hier nicht im Inland, sondern in den USA, wo die Spielbetreiberin ansässig ist und auch die Server für das Programm A betreibt.

Auch mit Blick auf den Vortrag des Finanzamtes, der Online-Spieler schulde als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 UStG die Steuer auf den eigenen Erwerb von C-Dollar, stellt sich das Urteil des Finanzgericht im Ergebnis nicht als zutreffend dar. Ohne dass der Bundesfinanzhof nach den Umständen des Streitfalls abschließend darüber zu entscheiden hätte, kommt es zwar insbesondere nach dem unter II. 2. Gesagten und bei Berücksichtigung der in aller Regel auf elektronischem Weg erfolgenden Übertragung der C-Dollar durchaus in Betracht, dass der Online-Spieler nach § 13b Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 UStG als Leistungsempfänger die Steuer auf einen etwaigen eigenen Erwerb von C-Dollar in den Streitjahren schulden kann. Das Finanzgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob im Ausland ansässige Unternehmer -wie etwa die Spielbetreiberin- in den Streitjahren C-Dollar außerhalb des Spielgeschehens auf den Online-Spieler übertragen haben, sodass die Ausführungen des Finanzamtes gemäß § 118 Abs. 2 FGO als neuer Sachvortrag im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen sind[23].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. November 2021 – V R 38/19

  1. FG Köln, Urteil vom 13.08.2019 – 8 K 1565/18, EFG 2021, 1058[]
  2. BFH, Urteile vom 15.04.2015 – V R 46/13, BFHE 250, 253, BStBl II 2015, 947, Rz 39; und vom 22.02.2017 – XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812, Rz 22; BFH, Beschluss vom 18.12.2019 – XI R 31/17, BFH/NV 2020, 565, Rz 13; Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- Mohr vom 29.02.1996 – C-215/94, EU:C:1996:72, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung -HFR- 1996, 294, Rz 19 f.; Landboden Agrardienste vom 18.12.1997 – C-384/95, EU:C:1997:627, Umsatzsteuer-Rundschau -UR- 1998, 102, Rz 20[]
  3. BFH, Urteil vom 24.08.2006 – V R 19/05, BFHE 215, 321, BStBl II 2007, 187, unter II. 3.b bb; BFH, Beschluss vom 22.07.2008 – V B 34/07, BFH/NV 2008, 1895, unter II. 2.a; vgl. auch EuGH, Urteil Landboden Agrardienste, EU:C:1997:627, UR 1998, 102, Rz 23[]
  4. vgl. Treiber in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 2 Rz 310 „Gewinnspiel“; für den Handel mit Gegenständen in der virtuellen Welt anderer Ansicht Rogge, Betriebs-Berater 2015, 1045, 1050 f.; Ehrmann/von Wallis in Hoeren/Sieber/Holznagel, Multimedia-Recht, 56. EL 2021, Teil 27 Rz 247 ff. unter der Voraussetzung der Rücktauschbarkeit des Spielgeldes[]
  5. vgl. BFH, Urteile vom 30.08.2017 – XI R 37/14, BFHE 259, 175, BStBl II 2019, 336; und vom 02.08.2018 – V R 21/16, BFHE 262, 548, BStBl II 2019, 339; BFH, Beschluss vom 25.07.2018 – XI B 103/17, BFH/NV 2019, 299; EuGH, Urteil Bastova vom 10.11.2016 – C-432/15, EU:C:2016:855, UR 2016, 913[]
  6. vgl. BFH, Beschluss in BFH/NV 2021, 343, Rz 13[]
  7. vgl. auch BFH, Urteil vom 26.08.1993 – V R 20/91, BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54, unter II. 1.a[]
  8. vgl. allgemein BFH, Urteile vom 27.11.2019 – XI R 35/17, BFHE 267, 542, BStBl II 2021, 252, Rz 54; und vom 12.04.2017 – I R 36/15, BFH/NV 2018, 58, Rz 21; BFH, Beschluss vom 05.10.2017 – VIII R 13/14, BFH/NV 2018, 27, Rz 34[]
  9. BFH, Beschluss vom 29.06.2007 – V B 28/06, BFH/NV 2007, 1938, unter II. 2.; BFH, Urteil in BFHE 215, 321, BStBl II 2007, 187, unter II. 3.a aa[]
  10. vgl. allgemein BFH, Urteile vom 05.09.2019 – V R 57/17, BFHE 266, 430, BStBl II 2020, 356, Rz 34; und vom 14.02.2019 – V R 22/17, BFHE 264, 83, BStBl II 2019, 350, Rz 27[]
  11. vgl. auch BFH, Urteile vom 16.07.1970 – V R 95/66, BFHE 99, 429, BStBl II 1970, 706; und vom 19.02.1976 – V R 92/74, BFHE 118, 255, BStBl II 1976, 515, unter II.b[]
  12. vgl. BFH, Urteil in BFHE 172, 227, BStBl II 1994, 54, unter II. 1.a zur Leistung des mit einem Veranstalter vergleichbaren Berufspokerspielers[]
  13. EuGH, Urteile Henfling u.a. vom 14.07.2011 – C-464/10, EU:C:2011:489, HFR 2011, 1163, Rz 35; Kommission/Luxemburg vom 04.05.2017 – C-274/15, EU:C:2017:333, HFR 2017, 654, Rz 86, und UCMR – ADA vom 21.01.2021 – C-501/19, EU:C:2021:50, HFR 2021, 424, Rz 43[]
  14. vgl. BFH, Beschluss vom 10.12.2020 – V R 4/19, BFH/NV 2021, 662, Rz 24; EuGH, Urteil ITH Comercial Timişoara vom 12.11.2020 – C-734/19, EU:C:2020:919, HFR 2021, 228, Rz 51[]
  15. BFH, Urteil vom 12.02.2020 – XI R 24/18, BFHE 268, 351, Rz 38; EuGH, Urteil CSC Financial Services vom 13.12.2001 – C-235/00, EU:C:2001:696, HFR 2002, 264, Rz 39 f.[]
  16. s. allgemein BFH, Urteil in BFHE 268, 351, Rz 39[]
  17. vgl. hierzu Bustorff in ders., Umsatzsteuer bei Finanzdienstleistern, 2019, Rz 275 ff.; Schäfer in Assmann/Schütze/Buck-Heeb, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 5. Aufl.2020, § 12 Rz 8; s.a. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 03.05.2021 – III C 3 – S 7160/20/10003:001, BStBl I 2021, 713, unter II. 2. zu Leistungen einer Börse als Zentraler Gegenpartei, die jedoch auf eigene Rechnung handeln soll[]
  18. BGBl I 2014, 1266[]
  19. vgl. hierzu allgemein EuGH, Urteil ITH Comercial Timişoara, EU:C:2020:919, HFR 2021, 228, Rz 54[]
  20. BFH, Urteil vom 25.04.2018 – XI R 16/16, BFHE 261, 429, Rz 37[]
  21. vgl. Monfort in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, § 3 Abs. 11 Rz 47; Bunjes/Leonard, UStG, 20. Aufl., § 3 Rz 298; Herbert in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 3 Abs. 11 Rz 23; Michl in Offerhaus/Söhn/Lange, § 3 UStG Rz 203; Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 3 Rz 4467; Fritsch in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 3 Rz 699.8; Wäger in ders., UStG, § 3 Rz 519; Stadie in ders., UStG, 3. Aufl., § 3 Rz 191; vgl. aber auch BFH, Urteil vom 02.03.2006 – V R 25/03, BFHE 213, 134, BStBl II 2006, 788, unter II. 2.c[]
  22. s. EuGH, Urteile Henfling u.a., EU:C:2011:489, HFR 2011, 1163, Rz 35; Kommission/Luxemburg, EU:C:2017:333, HFR 2017, 654, Rz 86, und UCMR – ADA, EU:C:2021:50, HFR 2021, 424, Rz 43; s.a. BFH, Urteil in BFHE 261, 429, Rz 37[]
  23. vgl. allgemein BFH, Urteil in BFHE 267, 542, BStBl II 2021, 252, Rz 54, m.w.N.[]