Vermittelt ein Dritter einem Rechtsanwalt den Auftrag eines Mandanten zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung und lässt er sich für die Leistung bezahlen, ist die dem zugrunde liegende Vereinbarung unwirksam.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte die Betreiberin eines Internetportals geklagt. Diese bietet über die von ihr entwickelte Software Dienstleistungen für Betroffene an, die einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen Vorschriften bei der Teilnahme am Straßenverkehr (Geschwindigkeits-, Abstands-, Wechsellicht-, Mobiltelefon-, Überhol- oder Vorfahrtsverstoß) erhalten haben. Zur rechtlichen Überprüfung der erhobenen Vorwürfe gegenüber den Betroffenen und wegen der aus dem Prüfungsergebnis folgenden Handlungsmöglichkeiten arbeitet die Websitebetreiberin mit Partnerkanzleien zusammen, zu denen auch die beklagte Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung gehörte. Im Zeitraum vom 01.12.2020 bis zum 30.06.2021 schaltete die Websitebetreiberin ihre Partnerkanzleien ein, nachdem die Betroffenen bei der Websitebetreiberin die erforderlichen Unterlagen eingereicht hatten, einschließlich einer auf die jeweilige Kanzlei lautenden Vollmacht. Die Partnerkanzleien übernahmen die rechtliche Betreuung der Betroffenen, prüften die Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen den Vorwurf eines Verkehrsrechtsverstoßes und erteilten entsprechenden Rat. Auf Wunsch der Betroffenen übernahmen sie auch die weitere Vertretung. Aus der rechtlichen Betreuung erwuchsen den Partnerkanzleien Vergütungsansprüche, die in vielen Fällen Rechtsschutzversicherer der Betroffenen deckten.
Für ihre Leistungen im streitgegenständlichen Zeitraum stellte die Websitebetreiberin der Rechtsanwaltsgesellschaft „Lizenzgebühren“ in Höhe von insgesamt 235.056, 98 € in Rechnung. Die Zahlung dieses Betrags verlangt sie mit der vorliegenden Klage. Die Websitebetreiberin erhob die Gebühren ausschließlich im Blick auf Betroffene mit Rechtsschutzversicherung, und zwar in zwei Teilbeträgen zunächst bei Erteilung der Deckungszusage durch den Versicherer (114 €) und dann bei Endabrechnung des Mandats durch die Rechtsanwaltsgesellschaft (76 €). Die Parteien streiten darüber, ob es zu einer Einigung über diese Abrechnungsmodalitäten gekommen ist. Die Websitebetreiberin ist der Ansicht, bei den geforderten Gebühren handele es sich nicht um ein Entgelt für die Vermittlung von Aufträgen im Sinne des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO. Entgolten werde vielmehr pauschaliert die Nutzung der von der Websitebetreiberin entwickelten digitalen Infrastruktur durch die Partnerkanzleien.
Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Leipzig hat die Zahlungsklage der Websitebetreiberin abgewiesen[1]. Ihre vom Oberlandesgericht Dresden zugelassene Revision, mit der die Websitebetreiberin ihre Klageforderung in voller Höhe weiterverfolgt, hat der Bundesgerichtshof nun ebenfalls als unbegründet zurückgewiesen; das Oberlandesgericht Dresden sei mit Recht davon ausgegangen, dass der Klageanspruch seine Grundlage nicht in einer vertraglichen Beziehung zwischen den Parteien finde:
Maßgeblich ist im Ausgangspunkt das Vorbringen der Websitebetreiberin. Rechtfertigt dieses nicht die Annahme des geltend gemachten Zahlungsanspruchs, kommt es auf den Vortrag der Rechtsanwaltsgesellschaft, die eine Einigung über die Abrechnungsmodalitäten bestritten hat, nicht an.
Nach dem Vortrag der Websitebetreiberin besteht die zwischen den Parteien getroffene Einigung offenkundig in der entgeltlichen Vermittlung konkreter Mandate. Darin liegt ein Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO.
Nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO ist die Abgabe und Entgegennahme eines Teils der Gebühren oder sonstiger Vorteile für die Vermittlung von Aufträgen, gleichviel ob im Verhältnis zu einem Rechtsanwalt oder Dritten gleich welcher Art unzulässig. Das daraus folgende Verbot richtet sich damit sowohl gegen den Rechtsanwalt, der einen Teil der Gebühren abgibt oder einen sonstigen Vorteil gewährt, als auch gegen den Rechtsanwalt oder Dritten, der den Teil der Gebühren oder den sonstigen Vorteil entgegennimmt. Der Begriff des sonstigen Vorteils ist vor dem Hintergrund des Verbotszwecks weit zu verstehen. Es soll vermieden werden, dass Rechtsanwälte in einen Wettbewerb um den Ankauf von Mandaten treten. Die Anwaltschaft ist kein Gewerbe, in dem Mandate „gekauft“ und „verkauft“ werden[2]. Ein Rechtsanwalt, dem ein Mandat vermittelt wird, darf hierfür den Vermittler nicht belohnen[3]. Unter einem sonstigen Vorteil ist auch die Erbringung von berufsfremden Dienstleistungen zu verstehen, etwa die sofortige Bezahlung der Rechnungen von Kraftfahrzeugwerkstätten und Abschleppunternehmern durch den Rechtsanwalt für den Mandanten[4]. Allerdings bedarf es eines besonderen Bezugs des Vorteils zum vermittelten Auftrag. Das Verbot des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO erfasst nur Provisionszahlungen für ein konkret vermitteltes Mandat[5]. Die Vermittlung muss ursächlich für die Vorteilsgewährung sein[4].
Von diesen Grundsätzen ist das Oberlandesgericht Dresden ausgegangen. Dass es aus dem Inhalt der von der Websitebetreiberin behaupteten Vertragsbeziehung zwischen den Parteien auf einen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO geschlossen hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Tätigkeit der Websitebetreiberin für die Rechtsanwaltsgesellschaft beschränkte sich nicht auf die Leistungen herkömmlicher Werbemedien, welche von § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO nicht erfasst werden[6]. In dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall bot der Rechtsanwalt seine Leistung auf der von dem Auktionshaus (nur) zur Verfügung gestellten Plattform selbst an. Über ein solches Bereitstellen einer Plattform ging die Tätigkeit der Websitebetreiberin weit hinaus. Sie mündete zielgerichtet in der Vermittlung eines auf einen konkreten Verkehrsrechtsverstoß bezogenen Mandats. Insbesondere wurden der Rechtsanwaltsgesellschaft nicht nur mögliche Interessenten an ihrer anwaltlichen Tätigkeit benannt[7]. Der Rechtsanwaltsgesellschaft wurde nicht nur – zur Erleichterung ihrer eigenen Akquisetätigkeit – die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme mit potenziellen Mandanten verschafft. Die Websitebetreiberin übermittelte der Rechtsanwaltsgesellschaft den jeweiligen Fall bereits mit unterzeichneter, auf diese lautender Vollmacht. Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände lag darin zugleich der Auftrag an die Rechtsanwaltsgesellschaft zur entgeltlichen Geschäftsbesorgung gemäß § 675 BGB[8]. Dass sich dieser zunächst auf die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Vorgehens gegen den Vorwurf eines Verkehrsrechtsverstoßes beschränkte, ist ohne Bedeutung. Die Auftragserteilung beruhte auf dem zielgerichteten Einwirken der Websitebetreiberin auf die Nutzer ihres Internetportals und damit auf ihrer Vermittlungstätigkeit[9].
Die von der Websitebetreiberin beanspruchte Vergütung bezog sich auf die Vermittlungstätigkeit. Nach dem Vortrag der Websitebetreiberin bestand ein Anspruch gegen die Rechtsanwaltsgesellschaft nur in den Fällen, in denen der Betroffene die Rechtsanwaltsgesellschaft beauftragt hatte und die Rechtsschutzversicherung des Betroffenen eine Deckungszusage erteilte. Der Klage liegen demnach (ausschließlich) Entgelte zugrunde, die sich auf einzelne, der Rechtsanwaltsgesellschaft vermittelte rechtsschutzversicherte Mandanten beziehen. Dem vom Oberlandesgericht Dresden angenommenen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO steht nicht entgegen, dass der Betrieb des Internetportals auch weitere Tätigkeiten der Websitebetreiberin erforderlich gemacht haben mag und diese zum Teil auch der Rechtsanwaltsgesellschaft zugutegekommen sein mögen. Entscheidend ist, für welche Tätigkeit die Rechtsanwaltsgesellschaft vereinbarungsgemäß bezahlen sollte. Das war die Vermittlung konkreter Mandate.
In der vom Bundesverfassungsgericht vorgenommenen engen Auslegung des Tatbestands des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO[6] hat der Bundesgerichtshof keine Zweifel an der Vereinbarkeit der Regelung mit dem Grundgesetz. Insbesondere ist das Verbot nicht unverhältnismäßig. Die Vermeidung eines Wettbewerbs unter Rechtsanwälten um den Ankauf von Mandaten ist ein legitimer Zweck. Das Verbot ist geeignet, um diesen Zweck zu erreichen. Ein milderes Mittel, um zu verhindern, dass Mandate „gekauft“ und „verkauft“ werden, gibt es nicht. Das Verbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die mit § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO verbundene Beschränkung der Berufsausübung steht in keinem unangemessenen Verhältnis zu den Zwecken des Verbots. Dessen Auswirkungen auf die grundsätzlich geschützte Akquisetätigkeit der Rechtsanwälte sind gering. Insbesondere die Möglichkeiten zur Werbung um Mandate bleiben unberührt. Der Rechtsanwalt darf werben und sich zu diesem Zwecke auch der Hilfe Dritter bedienen, soweit er dabei die gesetzlichen Vorgaben beachtet. Davon zu unterscheiden ist der Ankauf von Mandaten. Dabei geht es nicht um anwaltliche (Eigen- oder Dritt-)Werbung, sondern um die Gewährung von Vorteilen für die Vermittlung konkreter Mandate. Es gibt auch keinen notwendigen Zusammenhang zwischen anwaltlicher Werbung und der Vermittlung konkreter Mandate. Die dem Streitfall zugrundeliegende Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien hätte unschwer auch ohne die verbotene Vermittlungstätigkeit ausgestaltet werden können.
Die im Streitfall vorzunehmende Beurteilung eines Verstoßes gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO macht keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV erforderlich.
Der von der Websitebetreiberin hergestellte Bezug zu Art. 15 Abs. 3 Buchst. b und c der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt[10] trägt nicht. Es geht hier nicht um Anforderungen im Sinne von Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2006/123/EG[11]. Nur auf die dort genannten Anforderungen bezieht sich Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG. Die Prüfung, ob solche Anforderungen die Bedingungen des Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG erfüllen, obliegt überdies dem einzelstaatlichen Gericht[12].
Auch der Hinweis in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof auf Art. 24 der Richtlinie 2006/123/EG macht keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV erforderlich. Art. 24 der Richtlinie 2006/123/EG enthält Regelungen zur kommerziellen Kommunikation durch Angehörige reglementierter Berufe. Die kommerzielle Kommunikation ist in Art. 4 Nr. 12 der Richtlinie 2006/123/EG legaldefiniert. Danach bezeichnet der Ausdruck alle Formen der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbildes eines Unternehmens, einer Organisation oder einer natürlichen Person dienen, die eine Tätigkeit in Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen reglementierten Beruf ausübt. Darum geht es hier offensichtlich nicht. § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO beschränkt nicht die kommerzielle Kommunikation der Rechtsanwaltschaft, wie etwa Werbung, Direktmarketing oder Sponsoring[13]. Verboten ist der An- und Verkauf von Mandaten, der auch nicht in einem notwendigen Zusammenhang mit einer kommerziellen Kommunikation der Rechtsanwaltschaft steht.
Rechtsfolge des vom Oberlandesgericht Dresden rechtsfehlerfrei festgestellten Verstoßes gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO ist die Nichtigkeit der behaupteten Vereinbarung gemäß § 134 BGB. § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO ist ein Verbotsgesetz im Sinne der Vorschrift.
Im Ergebnis mit Recht hat das Oberlandesgericht Dresden angenommen, dass sich der Klageanspruch auch nicht nur teilweise aus den §§ 812 ff BGB ergibt.
Übersehen hat das Oberlandesgericht Dresden allerdings, dass bereits die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB eingreift und es deshalb auf den Wert der von der Rechtsanwaltsgesellschaft erlangten Leistungen gemäß § 818 Abs. 2 BGB nicht ankommt. Zu Unrecht hat das Oberlandesgericht Dresden Vortrag der Rechtsanwaltsgesellschaft zu den Voraussetzungen des § 817 Satz 2 BGB vermisst. Vielmehr ergeben sich aus dem unstreitigen Vortrag der Websitebetreiberin nach den vom Oberlandesgericht Dresden getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen der Kondiktionssperre.
Die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB setzt voraus, dass der Leistende vorsätzlich verbotswidrig gehandelt hat. Dem steht es gleich, wenn er sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat[14]. Dies beruht darauf, dass die Abwicklung nach Bereicherungsrecht nicht demjenigen, der eine gesetzwidrige Geschäftsbesorgung vornimmt, auf einem Umweg entgegen § 134 BGB doch eine Vergütung verschaffen soll. Die Abwicklung soll nur verhindern, dass der Empfänger der Leistungen daraus einen ungerechtfertigten Vorteil zieht; dies gilt vor allem dann, wenn die Nichtigkeit des Vertrags auch erlaubte Leistungen erfasst. § 817 Satz 2 BGB beugt einer Umgehung der Nichtigkeitsanordnung des § 134 BGB vor[15].
Auf Seiten der Websitebetreiberin hat man sich dem Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO leichtfertig verschlossen. Es handelt sich um eine Frage der Würdigung, die der Bundesgerichtshof auf der Grundlage des vom Oberlandesgericht Dresden festgestellten unstreitigen Vortrags der Websitebetreiberin selbst entscheiden kann[16]. Die Websitebetreiberin kannte das Verbot des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO und hat sich nach eigenen Angaben intensiv und jahrelang mit dem Provisionsverbot beschäftigt. In Anbetracht der offensichtlich auf die Verschaffung konkreter Mandate ausgerichteten Tätigkeit musste es sich den für die Websitebetreiberin verantwortlich handelnden Personen aufdrängen, dass man den Partnerkanzleien nicht in der vorliegenden Art und Weise konkrete Mandate gegen Entgelt vermitteln durfte.
Eine einschränkende Auslegung der Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB ist im Streitfall nicht geboten. Insbesondere machen Sinn und Zweck des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO die Gewährung eines Bereicherungsanspruchs nicht zwingend erforderlich. Weder ist das Verbotsgesetz vor allem zum Schutz desjenigen erlassen worden, der gegen Entgelt Mandate vermittelt[17] noch ist die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustands mit Sinn und Zweck des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO unvereinbar[18].
Die Anwendung der Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 BGB ist auch nicht unbillig im Sinne von § 242 BGB. Dies ist insbesondere nicht deshalb der Fall, weil die nach dem Vortrag der Websitebetreiberin ihrerseits gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BGB verstoßende Rechtsanwaltsgesellschaft die ihr gewährten Leistungen nach Maßgabe der §§ 812 ff BGB unentgeltlich behalten darf. Es handelt sich um die vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Rechtsfolge, die zudem geeignet ist, die Zielsetzung des Verbots des § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO zu fördern. Ein Bereicherungsausgleich ist auch dann nicht gemäß § 242 BGB geboten, wenn der die Vermittlungsleistung entgegennehmende Rechtsanwalt überlegenes Wissen hat. Der Vermittelnde kann nur dann nach § 817 Satz 2 BGB keinen Bereicherungsausgleich verlangen, wenn er sich der Verbotswidrigkeit seines Handelns zumindest leichtfertig verschlossen hat. Geht die Vorwerfbarkeit des Verhaltens des Rechtsanwalts noch darüber hinaus – etwa durch gezieltes Ausnutzen der dem leichtfertigen Handeln des Leistenden geschuldeten Wissenslage, kann das einen Schadensersatzanspruch rechtfertigen, nicht aber eine Korrektur des § 817 Satz 2 BGB nach Maßgabe der Grundsätze von Treu und Glauben.
Der vom Oberlandesgericht Dresden erwogene bereicherungsrechtliche Ausgleich von Allgemeinkosten oder sonstigen Aufwendungen scheitert bereits am Vorrang der Leistungskondiktion[19].
Im Ergebnis mit Recht hat das Oberlandesgericht Dresden auch einen Schadensersatzanspruch der Websitebetreiberin gegen die Rechtsanwaltsgesellschaft aus einem Verschulden bei Vertragsschluss verneint. Auf ein (überwiegendes) Mitverschulden kommt es allerdings nicht an. Es fehlt schon an einer schuldhaften Pflichtverletzung der Rechtsanwaltsgesellschaft.
Bereits für den Rechtszustand vor der Modernisierung des Schuldrechts mit Gesetz vom 26.11.2001[20] war in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Möglichkeit einer Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss anerkannt, wenn der geschlossene Vertrag unwirksam war und einer der Vertragspartner die Unwirksamkeit zu vertreten hatte[21]. Die Aufgabe der Regelungen der §§ 309, 307 BGB aF hat daran im Grundsatz nichts geändert[22].
Zu vertreten ist die Unwirksamkeit eines Vertrags etwa im Falle einer schuldhaften Aufklärungspflichtverletzung[23]. Eine Aufklärungspflicht kommt in Betracht, wenn das Wirksamkeitshindernis der Sphäre einer Partei zuzurechnen ist[24]. Dabei fehlt es an einer Aufklärungspflichtverletzung, wenn der Vertragsgegner das Wirksamkeitshindernis bereits kennt[25].
Darf die objektiv aufklärungspflichtige Partei ohne Fahrlässigkeit davon ausgehen, der Vertragsgegner wisse um das Wirksamkeitshindernis, fehlt es am Verschulden[26].
Nach diesen Grundsätzen kann der Rechtsanwaltsgesellschaft keine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Nach dem eigenen Vortrag der Websitebetreiberin kannte diese das Wirksamkeitshindernis (§ 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO). Die Websitebetreiberin hat sich intensiv und jahrelang mit dem Provisionsverbot beschäftigt. Ersichtlich war man auf Seiten der Websitebetreiberin darum bemüht, das Internetportal ohne Verstoß gegen das Provisionsverbot zu betreiben. Damit bestand keine Aufklärungspflicht der Rechtsanwaltsgesellschaft. Eine solche beschränkte sich auf das Wirksamkeitshindernis an sich, nicht auf Bedenken gegen die in Kenntnis des Provisionsverbots gewählte vertragliche Gestaltung. Es oblag der gewerblich tätigen Websitebetreiberin und nicht der Rechtsanwaltsgesellschaft, eine vertragliche Gestaltung herbeizuführen, die einen Verstoß gegen § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO hinderte. Dazu hatte sie erforderlichenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Die aus § 241 Abs. 2 BGB folgende Aufklärungspflicht dient nicht dazu, die Websitebetreiberin von dieser Obliegenheit zu befreien.
Eine andere Frage ist, ob die Rechtsanwaltsgesellschaft eine Rücksichtnahmepflicht verletzte, weil sie die erkannte Unwirksamkeit des Vertrags für sich ausnutzte. Dazu ist jedoch nichts festgestellt. Übergangenen Vortrag dazu zeigt die Revision nicht auf.
Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Delikt hat das Oberlandesgericht Dresden ebenfalls mit Recht verneint.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. April 2024 – IX ZR 89/23
- LG Leipzig, Urteil vom 18.08.2022 – 4 O 687/(21), das Oberlandesgericht Dresden die Berufung der Websitebetreiberin zurückgewiesen ((OLG Dresden, Urteil vom 06.04.2023 – 8 U 1883/22[↩]
- BT-Drs. 12/4993, S. 31[↩]
- BGH, Urteil vom 20.06.2016 – AnwZ (Brfg) 26/14, WM 2017, 684 Rn. 18[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.06.2016, aaO[↩][↩]
- BGH, Urteil vom 20.06.2016, aaO Rn.19; BVerfG, NJW 2008, 1298 Rn. 24[↩]
- vgl. BVerfG, NJW 2008, 1298 Rn. 24[↩][↩]
- vgl. OLG München, DStRE 2022, 505[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.01.2006 – IX ZR 225/04, ZIP 2006, 1101 Rn. 9[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.03.1991 – VII ZR 342/89, BGHZ 114, 87, 95; st. Rspr. zu § 652 BGB[↩]
- ABl. EU L 376 S. 36[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 19.01.2023 – C-292/21, NZBau 2023, 466 Rn. 55[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 30.01.2018 – C-360/15, – C-31/16, EuZW 2018, 244 Rn. 133; vom 19.01.2023, aaO Rn. 63[↩]
- vgl. EuGH, Urteil vom 05.04.2011 – C-119/09, EuZW 2011, 681 Rn. 29[↩]
- BGH, Urteil vom 26.01.2006 – IX ZR 225/04, ZIP 2006, 1101 Rn. 28; vom 01.10.2020 – IX ZR 247/19, ZInsO 2020, 2485 Rn. 33 mwN; st. Rspr.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2000 – IX ZR 50/98, WM 2000, 1342, 1346[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.06.1989 – III ZR 9/88, NJW 1989, 3217, 3218; vom 15.06.1993 – XI ZR 172/92, NJW 1993, 2108[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2014 – VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 Rn. 21[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.04.2014, aaO Rn. 22[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/Schwab, 9. Aufl., § 812 Rn. 389[↩]
- BGBl. I S. 3138[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1986 – VIII ZR 280/85, BGHZ 99, 101, 106 f mwN; vom 14.04.2005 – IX ZR 109/04, WM 2005, 1334, 1335 mwN; vom 20.03.2008 – IX ZR 238/06, WM 2008, 950 Rn. 12 f[↩]
- vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 165; BeckOGK-BGB/Vossler, 2023, § 134 Rn. 110; Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kap. 3 Rn. 222[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.11.1986 – VIII ZR 280/85, BGHZ 99, 101, 106 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.04.2005 – IX ZR 109/04, WM 2005, 1334, 1335 mwN; vom 20.03.2008 – IX ZR 238/06, WM 2008, 950 Rn. 12 f[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.03.2008, aaO Rn. 13[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.03.2008, aaO Rn. 14[↩]