Der Verkauf einer Vielzahl von Gegenständen über die Internet-Plattform ebay kann eine der Umsatzsteuer unterliegende (nachhaltige) unternehmerische Tätigkeit sein; die Beurteilung als nachhaltig hängt nicht von einer bereits beim Einkauf vorhandenen Wiederverkaufsabsicht ab. Bei der laufenden Veräußerung von Gegenständen in erheblichem Umfang liegt keine nur private Vermögensverwaltung vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb der Gegenstände unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Händler im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG.

In dem jetzt vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall veräußerte die Klägerin, eine aus einem Ehepaar bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), über ebay Gegenstände unterschiedlicher Produktgruppen – so unter anderem Briefmarken, Puppen, Modelleisenbahnen, Kunstgewerbe, Schreibgeräte, Porzellan, Software, Fotoartikel und Teppiche – sowie Gegenstände, die sich keiner gesonderten Produktgruppe zuordnen ließen. Hieraus erzielte sie im Jahr 2001 aus 16 Verkäufen ca. 2.200 DM, im Jahr 2002 aus 356 Verkäufen ca. 25.000 €, im Jahr 2003 aus 328 Verkäufen ca. 28.000 €, im Jahr 2004 aus 226 Verkäufen ca. 21.000 € und bis zur Einstellung der Tätigkeit im Sommer 2005 aus 287 Verkäufen ca. 35.000 €. Das Finanzamt behandelte die Verkäufe in den Jahren 2003 bis 2005 als nachhaltige und somit unternehmerische Tätigkeit.
Der Bundesfinanzhof bejahte die grundsätzliche Frage, ob es sich bei derartigen Verkäufen über ebay um eine unternehmerische Tätigkeit handeln kann. Der Bundesfinanzhof hat dabei seine Rechtsprechung fortgeführt, wonach die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen ist, wobei eine Reihe verschiedener, nicht abschließend festgelegter Kriterien zu würdigen ist. Die Würdigung, wonach die vorliegende Verkaufstätigkeit nachhaltig ist, ist, so der Bundesfinanzhof, möglich und daher revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Eine Zurückverweisung der Rechtssache an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung war jedoch erforderlich, weil die Feststellungen des Finanzgericht nicht ausreichten, um beurteilen zu können, ob tatsächlich die GbR oder nur der Ehemann im Rechtsverkehr aufgetreten ist. Außerdem kam bei einigen Veräußerungen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes in Betracht.
Unternehmerisches Handeln auf ebay
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.
Bei richtlinienkonformer Anwendung muss dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG ausgeübt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG der Mehrwertsteuer einen sehr breiten Anwendungsbereich zuweist.
Der Begriff des Steuerpflichtigen wird in Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL (in den Streitjahren Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) unter Bezugnahme auf den der wirtschaftlichen Tätigkeit definiert. Denn gerade dass eine solche Tätigkeit vorliegt, rechtfertigt die Einstufung als Steuerpflichtiger. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Begriff “wirtschaftliche Tätigkeit” nach Art. 9 Abs. 1 Unterabs. 2 MwStSystRL (Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden umfasst, insbesondere Umsätze, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfassen.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union “können der bloße Erwerb und der bloße Verkauf eines Gegenstands keine Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen i.S. von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL (Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG) darstellen, da das einzige Entgelt aus diesen Vorgängen in einem etwaigen Gewinn beim Verkauf des Gegenstands besteht. Derartige Vorgänge können nämlich als solche grundsätzlich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne dieser Richtlinie darstellen”. Keine private Vermögensverwaltung, sondern eine in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende Tätigkeit liegt dagegen vor, wenn wie hier- der Betreffende aktive Schritte zum Vertrieb von Gegenständen unternimmt, indem er sich ähnlicher Mittel bedient wie ein Erzeuger, Händler oder Dienstleistender i.S. von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG, wobei derartige aktive Schritte insbesondere in der Durchführung bewährter Vertriebsmaßnahmen bestehen können.
Dem entspricht es, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Einzelfall aufgrund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu beurteilen ist, ob die Voraussetzungen einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG erfüllt sind. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können.
Insbesondere sind zu würdigen:
- die Dauer und die Intensität des Tätigwerdens,
- die Höhe der Entgelte,
- die Beteiligung am Markt,
- die Zahl der ausgeführten Umsätze,
- das planmäßige Tätigwerden,
- das Unterhalten eines Geschäftslokals.
Dass bereits beim Einkauf eine Wiederverkaufsabsicht bestanden hat, ist entgegen der Auffassung der Klägerin kein für die Nachhaltigkeit einer Tätigkeit alleinentscheidendes Merkmal. Dass Zahl und Umfang der Verkäufe für sich genommen nicht allein maßgeblich sind, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, derzufolge die Zahl der Geschäftsvorfälle nur eines von mehreren zu würdigenden Kriterien ist.
Die Würdigung des Finanzgerichts, wonach es sich bei den Verkäufen im Streitfall um eine nachhaltige Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG handelt, ist für den Bundesfinanzhof nicht zu beanstanden. Der tatsächlichen Würdigung der Einzelheiten durch die Tatsacheninstanz kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Der Bundesfinanzhof prüft als Revisionsinstanz nur, ob dem Finanzgericht bei der tatsächlichen Würdigung Rechtsverstöße unterlaufen sind. Eine Bindung an die Würdigung des Finanzgericht ist gegeben, wenn diese möglich war und das Finanzgericht weder gegen Denkgesetze verstoßen noch wesentliche Umstände vernachlässigt hat. Ob auch ein anderes Ergebnis der Würdigung vertretbar gewesen wäre, ist nicht entscheidend.
Das Finanzgericht hat ausdrücklich auf das Gesamtbild der Verhältnisse abgestellt und berücksichtigt, dass mehrere, nicht allein ausschlaggebende Merkmale gegeneinander abgewogen werden müssen. Nach den Feststellungen des Finanzgericht haben “die Kläger” im Jahr 2001 aus 16 Verkäufen 2.617 DM, im Jahr 2002 aus bereits 356 Verkäufen 24.963 € und in den Streitjahren 2003 bis 2005 aus insgesamt 841 Verkäufen 83.500 € erzielt und dabei einen erheblichen Organisationsaufwand betrieben. Hierbei hat das Finanzgericht berücksichtigt, dass ein Verkäufer – wie auch im Streitfall “die Kläger” – “sich für jeden einzelnen zur Internet-Versteigerung anstehenden Gegenstand Gedanken zu dessen möglichst genauer Bezeichnung, zu seiner Platzierung in der einschlägigen Produktgruppe und über ein Mindestgebot machen und zur Erhöhung der Verkaufschancen und des erzielbaren Erlöses für den Gegenstand in aller Regel mindestens ein digitales Bild anfertigen muss. Außerdem muss der Verkäufer den Auktionsablauf auf ‘ebay’ in regelmäßigen Abständen überwachen, um rechtzeitig auf Nachfragen von Kaufinteressenten reagieren zu können, sofern diese die auf der Auktionsseite eingestellten Wareninformationen als nicht ausreichend erachten. Nach Beendigung der jeweiligen Auktion muss der Verkäufer zudem den Zahlungseingang überwachen, um die Ware anschließend zügig verpacken und versenden zu können”. Das Finanzgericht hat diesen Sachverhalt ohne Verstoß gegen Denkgesetze und ohne Vernachlässigung wesentlicher Umstände dahingehend gewürdigt, dass eine intensive und langfristige Verkaufstätigkeit unter Nutzung bewährter Vertriebsmaßnahmen (“ebay”-Plattform) vorliegt, die deshalb als nachhaltig i.S. des § 2 Abs. 1 UStG zu beurteilen ist. Ob dabei ausschließlich auf die Geschäftsvorfälle in den Streitjahren abzustellen ist oder ob in die Gesamtbetrachtung auch die Verkäufe in den beiden Vorjahren einzubeziehen sind, ist unbeachtlich, weil im Regelfall nicht allein die Anzahl an Verkäufen zur Nachhaltigkeit führt. Ohne Verstoß gegen Denkgesetze hat das Finanzgericht die nach seinen Feststellungen durchschnittlich in den Streitjahren ca. 280 über das Jahr, im Jahr 2005 nur über ein Halbjahr verteilten Einzelverkäufe als intensives Tätigwerden am Markt beurteilt und als einen Gesichtspunkt für das Vorliegen einer nachhaltigen Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG bewertet. Ob der durchschnittliche Einzelverkaufspreis bei 92 € oder bei 80 € gelegen hat, spielt entgegen der Auffassung “der Kläger” schon deshalb keine Rolle, weil es sich um einen nur geringfügigen Unterschied handelt. Es kommt auch nicht darauf an, ob “die Kläger” einen privaten oder einen gewerblichen Zugang gewählt haben, weil die Merkmale der unternehmerischen Tätigkeit keinem Wahlrecht unterliegen.
Der Würdigung des Finanzgericht stehen nicht die “Münzsammler”- und “Briefmarkensammler”-Urteile des Bundesfinanzhofs entgegen. Der Bundesfinanzhof hatte darin entschieden, dass Briefmarken- und Münzsammler nur dann als Unternehmer anzusehen sind, wenn sie sich wie Händler verhalten. Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Nach den Feststellungen waren die von den Klägern vermarkteten Gegenstände 36 Produktgruppen zuzuordnen, d.h. es hätten 36 Sammlungen vorgelegen. Darüber hinaus veräußerten die Kläger weitere Gegenstände, die sich keiner Produktgruppe zuordnen ließen. Die von den Klägern laufend als Einzelstücke über eine auch von Händlern benutzte Vertriebsform verkauften Gegenstände umfassten ein weit gefächertes, vielfältiges Angebot aus den unterschiedlichsten Lebens- und Anwendungsbereichen. Das ist mit den vom X. Senat des Bundesfinanzhofs entschiedenen Fällen eines Münz- bzw. Briefmarkensammlers, der seine Sammlung en bloc aufgibt und versteigern lässt, nicht vergleichbar.
Kleinunternehmerregelung, § 19 UStG
Die Voraussetzungen des § 19 UStG liegen im Streitfall nicht vor.
Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 UStG wird die für die Umsätze i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird. Diese Voraussetzungen waren in den Streitjahren nicht erfüllt, weil der jeweils maßgebliche Vorjahresumsatz 17.500 € überstiegen hat. Die Umsatzgrenze von 50.000 € hat keine eigene Bedeutung, wenn der Vorjahresumsatz bereits die Grenze von 17.500 € übersteigt; Bedeutung hat die Umsatzgrenze nur für den Fall, dass die Umsätze des vorangegangenen Jahres geringer sind als 17.500 €, aber im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 € übersteigen.
Leistungserbringer bei ebay-Verkäufen
Der Bundesfinanzhof kann jedoch nicht abschließend entscheiden, weil die Feststellungen des Finanzgericht keine Beurteilung zulassen, wer im Rechtsverkehr die streitigen Leistungen erbracht hat und deshalb bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG- als Unternehmer die Umsatzsteuer schuldet. Die Feststellungen des Finanzgericht hierzu sind widersprüchlich.
Zum einen hat das Finanzgericht festgestellt, dass die Eheleute W.K. und M.K. zum 1.11.2001 auf der Internet-Plattform ebay ein Nutzerkonto unter der Bezeichnung “X”, die sich aus den Anfangsbuchstaben der Namen der Eheleute W.K. und M.K. zusammensetzt, eröffneten. Das spricht für ein gemeinsames Auftreten der Eheleute nach außen. Andererseits hat das Finanzgericht auf eine Mitteilung der Steuerfahndungsstelle an das Finanzamt Bezug genommen, wonach unter dem Mitgliedsnamen “X” bei ebay nur der Ehemann W.K. gemeldet gewesen sein soll. Das spricht dafür, dass nur der Ehemann W.K. nach außen aufgetreten ist.
Von der Beurteilung dieser Frage hängt es ab, ob das Finanzamt zu Recht Umsatzsteuer gegenüber der aus den Eheleuten W.K. und M.K. bestehenden GbR festgesetzt hat.
Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst ausführt oder durch einen Beauftragten ausführen lässt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt deshalb grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen bei der Ausführung entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist. Für die Frage, ob bei Eheleuten der Ehemann, die Ehefrau oder eine aus den Eheleuten bestehende Gemeinschaft als Unternehmer in Betracht kommt, gilt nichts anderes; auch insoweit kommt es darauf an, wer als Unternehmer nach außen auftritt.
Das Finanzgericht wird deshalb Feststellungen dazu treffen müssen, ob im Rechtsverkehr als Verkäufer die Eheleute W.K. und M.K. gemeinsam aufgetreten sind oder nur W.K. Hierbei können auch die den Kunden erteilten Rechnungen mit herangezogen werden.
Ermäßigter Steuersatz?
Das Finanzgericht wird bei seiner erneuten Entscheidung ggf. zu prüfen haben, ob auf einzelne Umsätze der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG Anwendung findet. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass die Tatbestände des § 12 Abs. 2 UStG als Ausnahmeregelungen eng auszulegen sind und dass der Steuerpflichtige die Feststellungslast für das Vorliegen der Merkmale der Steuerermäßigung trägt.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 26. April 2012 – V R 2/11







